Lesung: Stefan Heym – Ahasver

Freitag, 26.April 2019 – 19.30 Uhr

MehrWertKultur, Nobleestr.13a

Doch alles nur ein Traum?! Heyms Roman »Ahasver« dreht sich um die Frage nach einer Revolution des Menschen gegen die vorgegebene Ordnung. Dazu benutzt er einen religiösen Stoff, die Legende von Ahasver. Mittelalterliche Sagen erzählten von einem Mann, der Jesus auf dem Weg zur Kreuzigung verweigerte, sich bei ihm ausruhen zu dürfen. Dafür verurteilte ihn Jesus, bis zum Jüngsten Gericht ruhelos durch die Welt zu wandern. In der Reformationszeit um 1600 wurde aus ihm ein Jude namens Ahasver – daraus wurde die Figur des »Ewigen Juden« gebastelt, der Unheil stiftet.

AhasverBei Heym gehört Ahasver zur Gruppe der Engel, die sich weigerten, den Menschen angesichts seiner offensichtlichen Unvollkommenheit als Ebenbild Gottes anzuerkennen und zu verehren. Dafür wurden sie aus dem Himmel vertrieben. Luzifer (der »Lichtbringer«, der Sohn des Morgensterns) sieht den Menschen und die Ordnung der Schöpfung von Anfang an als gescheitert an; seine Schlussfolgerung darauf: Alles muss weg. Deshalb stellt er sich auf die Seite der Ordnung und verstärkt ihre schlimmen Seiten. Er treibt die Widersprüche voran, um das notwendige Ende zu beschleunigen. Ahasver dagegen verkörpert den durch die Geschichte hindurch nie verstummenden Ruf nach Revolution.

Die von Heym entwickelte Geschichte spielt sich auf drei Ebenen ab:

Die erste ist die biblische. In der treten Ahasver, Luzifer, Jesus und Gott auf. Auf der zweiten begegnen wir dem Protestanten Paul von Eitzen, einem gar unsympathischen Opportunisten, Karrieristen und Heuchler. Auf der Reise nach Wittenberg zum Studium bei Luther trifft er auf Hans Leuchtentrager (!), der ihm im Weiteren auf wunderbare Weise immer wieder in brenzligen Situationen aus der Patsche hilft. Eitzen macht seinen Weg, der gelegentlicht von Ahasver gekreuzt wird. Schließlich wird er der geistliche Statthalter des Herzogs von Gottorp. Die dritte Ebene schließlich ist ein Briefwechsel zwischen einem Wissenschaftler am »Institut für wissenschaftlichen Atheismus« der DDR und einem israelischen Wissenschaftler namens Jonachaan Leuchtentrager (ahh!) über die Frage, ob es den »Ewigen Juden« wirklich gibt.

Nur soviel sei verraten: Die Geschichte beginnt mit dem Sturz der Engel Luzifer und Ahasver und endet mit dem Ende von allem…

Stefan Heym wurde 1913 in Chemnitz als Helmut Flieg als Sohn einer jüdischen Kaufmannsfamilie geboren und starb 2001 in Israel. Er engagierte sich früh gegen die örtlichen Nationalsozialisten. In Berlin studierte er Journalistik. Nach dem Reichstagsbrand 1933 floh er in die Tschechoslowakei, wo er den Namen Stefan Heym annahm. 1935 zog er in die USA weiter. 1944 kam er als Angehöriger der US-Streitkräfte zurück nach Deutschland. Ende 1945 musste er zurück in die USA. Während der Kommunistenverfolgung unter McCarthy verließ er 1952 die USA und siedelte ein Jahr später in die DDR über.

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