Jean Genet: Die Zofen

Szenische Lesung
Samstag, 07.Oktober 2023, 19.30 Uhr
Mieterpavillon, Friedrich-Naumann-Str.7

Ihr habt Glück, dass man euch Kleider schenkt. Ich muss sie mir kaufen, wenn ich welche will. Aber ich werde noch prächtigere bestellen, damit der Trauerzug für den gnädigen Herrn noch glänzender ausfällt.
– Die gnädige Frau

Wie wird man seinen Unterdrücker los? Wie wird man Unterdrückung überhaupt los?
Die Uraufführung des Stückes „Die Zofen“ von Jean Genet (1910–1986) fand 1947 in Paris statt, kurz nach Kriegsende, nach Besatzung, Kollaboration, Verfolgung und Widerstand. Sein Stück ist allerdings keines des Triumphes, es bleibt eine Tragödie. Vielleicht deswegen wurde es seinerzeit von der Presse überwiegend negativ aufgenommen. Aber es wurde eines seiner meist gespielten Theaterstücke.
Die Schwestern Claire und Solange dienen als Dienstmädchen – Zofen – in einem reichen Haushalt. Ihren Herrn haben sie mit falschen Anschuldigungen ins Gefängnis gebracht. Als die Herrin gerade nicht da ist, tauschen sie die Rollen und spielen Herrin und Zofe. In diesem Rollenspiel entwickeln sie verschiedene Varianten, sich ihrer Herrschaft zu entledigen. Zwischendurch kommt allerdings die echte Madame nach Hause.
Jean Genet war in den späten 40er und den 50er Jahren einer der Lieblinge der französischen Existenzialisten um Satre.
„Wir haben derzeit in Frankreich ein absolutes literarisches Genie: es heißt Jean Genet, und sein Stil, das ist der von Descartes.“ (Satre)
Sicherlich auch wegen seines unsteten und unkonventionellen Lebens. Als uneheliches Kind wurde er von seiner Mutter der Fürsorge und von der einer Handwerkerfamilie in Obhut übergeben. Trotz eines erfolgreichen Schulabschlusses suchte und fand er keinen Übergang in ein bürgerliches Leben. Er begann mit 14 Jahren in einer Fürsorgeeinrichtung eine Lehre als Drucker, haute ab und hielt sich als Vagabund mit Diebstählen und als Strichjunge über Wasser. Seine weiteren Stationen waren diverse Gefängnisse, Psychatrie, eine Besserungskolonie und schließlich das Militär. Mit Mitte 20 wurde er 1936 / 37 als Deserteur gesucht und durchwanderte zahlreiche europäische Länder. Im Gefängnis verfasste er denn auch 1942 seine ersten Gedichte, die ihren Weg in die Pariser Intellektuellenzirkel fanden. Sein literarisches Schaffen hatte lange Krisen durch Depressionen und in der 70er Jahren legte er seinen Schwerpunkt in politisches Engagement. 1986 starb er nach einer langen Krebserkrankung.

Wir lesen gemeinsam mit verteilten Rollen.
Wer nur zuhören möchte, hört zu.

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