Diskussionsveranstaltung
Dienstag, 25. Februar 2025 um 19.30 Uhr
Mieterpavillon, Friedrich- Naumann- Str.7

Zeitenwende – Letzte Generation – Klimakatastrophe … die Schlagzeilen der letzten Jahre lassen eigentlich kaum einen Zweifel daran: Das Ende der Welt ist nahe.
DOCH: wessen Ende wird da eigentlich prognostiziert? Das der Welt? Der Menschheit? Einer oder mehrerer Gruppen? Oder doch eher das Ende der Art und Weise, wie wir leben, also unserer Gesellschaft?
UND: Wir fragen uns: Ist dieses Gefühl wirklich so einmalig, wie wir glauben? Sind wir die ersten, die denken, dass es „so“ nicht mehr weitergehen wird? Wenn es das schon mal gab, können wir dann möglicherweise daraus etwas lernen?
Anfang der 1520er Jahre wurde Deutschland (das damals noch nicht so hieß) immer häufiger durch Revolten der „gemeinen Leute“ erschüttert. Sowohl die Landbevölkerung als auch städtische Handwerker und Bergleute wollten die gesellschaftlichen Gegebenheiten – unter denen primär sie zu leiden hatten – nicht länger hinnehmen. Während zunächst konkrete Forderungen an die Obrigkeit gerichtet wurden, nahm im März 1525 die allgemeine Wut grundsätzliche Züge an. Es bildeten sich Bauernheere („Haufen“) und es wurden Ansätze einer grundlegend neuen politischen Ordnung formuliert (die „12 Artikel“ oder kurze Zeit später die „Tiroler Landesordnung“ von Michael Gaismair). Das Wort von der „Apokalypse“ machte die Runde. In der griechischen Philosophie bedeutete dieses nicht einfach „Untergang“, sondern „Enthüllung“ oder „Offenbarung“. Was für die Welt des Scheins, der falschen Welt tatsächlich der Untergang ist, ist die Entfaltung der wahren, der richtigen Welt. Die Einen verorteten dieses Reich des Wahren in der religiösen Bildsprache des Mittelalters im Jenseits, so wie Luther. Eine radikale Minderheit verortete jedoch dieses kommende Reich auf Erden – sie deuteten die Apokalypse als Aufruf zur gesellschaftlichen Revolution und versuchten damit, der Wut der vielen, die nichts zu verlieren hatten, eine Perspektive zu geben.
Diese so genannten Bauernkriege wurden schlussendlich blutig niedergeschlagen, Zehntausende wurden getötet, hunderte Schlösser, Burgen, Klöster und Dörfer niedergebrannt.
Doch auch wenn die Bauern diese Auseinandersetzung verloren, der Weg in eine neue Welt war einmal beschritten und letztendlich das Ende des Feudalismus damit besiegelt – auch wenn er noch eine Weile fortexistierte.
Was können nun diese, schon 500 Jahre alten Ereignisse zu unserem Verständnis der aktuellen Weltlage beitragen?
Die Vergangenheit wird immer mit den Augen der Gegenwart betrachtet und aus dieser heraus interpretiert. So haben auch andere zu früheren Zeiten bereits Bezug auf die Bauernkriege genommen: Während der bürgerlich- demokratischen Revolution von 1848 wurden sie wieder entdeckt als erste Erhebung des einfachen Volkes und dazu noch eines „deutschen“ (es gab die Französische Revolution, die Englische, die Amerikanische – und nun eben auch die Deutsche, wenn auch in ferner Vergangenheit). Obwohl das „einfache Volk“ von 1525 in sich durchaus sehr verschiedene Interessen hatte: (Groß-)Bauer war nicht gleich (Klein-)Bauer und der wiederum nicht von ihm abhängiger Tagelöhner. Auch war „deutsch“ zu der Zeit überhaupt keine Kategorie.
In den Augen von Marx und Engels bewies die Erhebung von 1525 die Richtigkeit der These von der Evolution der menschlichen Gesellschaft hin bis zum Kommunismus; für sie war der Bauernkrieg eine „frühbürgerliche Revolution“.
In den 1970er Jahren wurde der Bauernkrieg gerne propagandistisch vereinfacht, um sich gegenseitig zu vergewissern, „wir da unten“ hätten schon immer gegen „die da oben“ gekämpft – „Die Enkel fechten’s besser aus!“ (aus dem Lied der Bündischen Jugend aus den 1920ern, „Wir sind des Geyers Schwarzer Haufen„)
Und mit welchen Augen blicken wir heute auf diese Geschichte?
Auch wir erleben heute einen Epochenwechsel, das „Ende einer Welt“. Ähnlich wie damals der Feudalismus an der Schwelle zur kapitalistischen Gesellschaft stand. Doch: an welcher Schwelle stehen wir?
Wir leben heute in einer Welt, in der man sich über Geld austauscht; Geld, das die modernen Schatzhüter beliebig schaffen oder verbrennen können, das sein Vertrauen verloren hat, das nur wirkt, solange man an seine Macht glaubt. Wir leben in Nationalstaaten, deren »Souveranität« (wie es heute genannt wird) nach Innen und nach Außen immer weniger gegeben ist – nicht nur wegen Migrationsbewegungen, sondern vor allem wegen der weltweiten Produktionsbeziehungen. Wir leben in einer Welt, die ihr „Wertefundament“ verloren hat. So nachhaltig, dass auch Rückgriffe auf vermeintliche Traditionen künstliche Konstrukte darstellen – auch beim Konservativsten wird die Familie nicht mehr die „Keimzelle der ganzen Gesellschaft“ darstellen.
Wir leben aber auch in einer Welt, in der unzählige Unruhen und Aufstände toben, von deren Richtung wir uns kaum ein Bild machen können. Aufstände, die oft in fürchterliche Bürgerkriege getrieben werden, die nur schwer zu erklären sind.
Auch wir stehen also an einer historischen Wende, ohne zu wissen, wohin wir als menschliche Gesellschaft gehen werden. An der Vergangenheit können wir unseren Blick für die Fragen von heute schärfen.
Wir werden in der Veranstaltung zunächst die gesellschaftliche Krise skizzieren, die zum „Bauernkrieg“ geführt hat. Dann werden wir versuchen, einige Parallelen zur sozialen Krise von heute zu ziehen und hoffen, dass sich daraus eine angeregte Diskussion entwickeln wird!

