Diskussionsveranstaltung
Dienstag, 30.Januar 2024 um 19.30 Uhr
Mieterpavillon, Friedrich-Naumannstr.7

Deutschland soll kriegstauglich werden, sagt unser Noch-Verteidigungs- und vielleicht bald Kriegsminister Pistorius. Die Soldaten seien verweichlicht, die Ausrüstung der Bundeswehr veraltet, die Strukturen modernisierungsbedürftig. Geld soll her und das nicht zu knapp, um die Armee auf neue Herausforderungen vorzubereiten und sie wieder (?) kriegstauglich zu machen. Nach den 100 Milliarden „Sondervermögen“, die der Bundeswehr einmalig im Jahr 2022 zugestanden wurden, soll zukünftig die 2%-Regel eingehalten werden, also jährlich 2% des BIP als Bundeswehretat. Das wären immerhin 67 Milliarden Euro – pro Jahr!
Link zur Bundeszentrale für Politische Bildung
Allein diese Entwicklung ist schlimm genug. Aber: „Welche Rolle (…) Politik und Gesellschaft spielen, um Deutschland wieder wehrbereit zu machen, was geschehen muss, um die politischen Entscheidungsträger und das Volk «kriegswillig» zu machen, damit hat sich die Bundesrepublik bisher kaum beschäftigt“. Fest steht (angeblich): Den Deutschen mangelt es am politischen Willen zum Kampf – so der ehemalige Oberkommandierende der US-Landstreitkräfte in Europa
Link zur Neuen Zürcher Zeitung
Das soll nun anders werden. Neben vielen Bereichen (Zivilschutz, Gesundheitswesen) soll Kriegsvorbereitung auch im Bildungsbereich fester Bestandteil werden und so dafür sorgen, dass zukünftige Generationen lernen, in Feindbildern zu denken. Statt gesellschaftliche Konflikte als solche zu verstehen, werden sie von den Herrschenden moralisiert. Politische Gegner sollen zu Feinden werden, mit denen man nicht mehr verhandelt, sondern die es nur noch zu vernichten gilt. Wie sich das auf die Gesellschaft auswirkt, erleben wir ja bereits seit der Corona-Zeit und zu befürchten steht: „Schlimmer geht immer“.
Selbstredend wird die mental-psychologische Kriegsvorbereitung nicht plump als solche vermarktet. Zu hören bekommen wir beispielsweise: „Die Zukunft braucht weltoffene, politisch kompetente und handlungsfähige Menschen mit Gestaltungskompetenz, die bereit sind, sich für zukunftsfähige Lösungen einzusetzen, mit globaler Perspektive und lokalem Blick.“
„KOOPERATIONSVEREINBARUNG Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur Schleswig-Holstein und Landeskommando Schleswig-Holstein“ vom August 2021
Erreicht werden soll dies durch Bildungsarbeit. Unter anderem durch so genannte Jugendoffiziere der Bundeswehr, die ja bereits seit Längerem zwecks „politischer Bildungsarbeit“ in Schulen eingesetzt werden. (Link zur Bundeswehr)
Angeblich bieten „Die Bildungsangebote der Jugendoffiziere (…) die Möglichkeit, komplementär und multiperspektivisch auch soziale, wirtschaftliche, umwelt- und entwicklungspolitische Aspekte eines erweiterten Sicherheitsbegriffes im Kontext der Friedenssicherung [!] zu vermitteln.“
Präambel der „KOOPERATIONSVEREINBARUNG zwischen dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Schleswig-Holstein und dem Landeskommando Schleswig-Holstein“ vom August 2021

Ist die Militarisierung des Bildungswesens neu? Oder ist sie die konsequente Weiterführung einer zunehmend auf Kapitalinteressen getrimmten Bildungsauffassung?
Diese Frage wollen wir in unserer Veranstaltung diskutieren. Eine Ahnung, was noch kommen kann, haben wir durch den Umgang mit den Krisen und Kriegen der letzten vier Jahre erleben können. Vielleicht entwickeln wir Ideen, wie wir Menschen in den Schulen den Rücken stärken können, dagegen anzugehen und finden Ansätze dafür, wie eine „Erziehung zum friedlichen Miteinander“ aussehen könnte.
Ein paar Texte zum Hintergrund:
Bernd Schoepe: Cancel Culture macht Schule!
Wie der neoliberale Schulumbau eine institutionalisierte Form von Cancel Culture hervorbringt, die Demokratie und Bildung gleichermaßen abzuwickeln droht
https://www.gew-ansbach.de/data/2021/11/Schoepe_Cancel_Culture_macht_Schule.pdf
Schoepe geht es in diesem Text nicht speziell um die Militarisierung, aber um die Tendenz zum Autoritären in der Bildung, die er als Folge des von der OECD / dem Kapital durchgesetzten Paradigmenwechsels in der Pädagogik betrachtet.
IMI-Studie 2010/02
Die Eroberung der Schulen: Wie die Bundeswehr in Bildungsstätten wirbt
Infomationsstelle Militarisierung. 19. Januar 2010
https://www.imi-online.de/2010/01/19/die-eroberung-der-sc/
Die Eroberung der Köpfe: Wie die Bundeswehr in Bildungseinrichtungen wirbt
https://www.gew-wiesbaden.de/fileadmin/user_upload/Die_Eroberung_der_Koepfe.pdf
