Die Jakarta-Methode: Wie ein mörderisches Programm Washingtons unsere Welt bis heute prägt

Buchvorstellung und Diskussion
Dienstag, den 26.September 2023 um 19.30 Uhr
Mieterpavillon, Friedrich-Naumann-Str.7

Indonesischer Diktator Suharto lässt sich bei seinem Staatsbesuch in Deutschland süddeutsche Volksmusik erklären (1970)

„Regelbasierte“ Verbrechen und Verbrecher, die nie vor Gericht waren: US-Regierungen. Heute werden sie „verteidigt“…
Ein Blick zurück: Durch die grauenhaften Verbrechen der Nazis wurden nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs mit den Nürnberger Prozessen den Hauptschuldigen der Prozess gemacht. Erstmals standen Minister und hohe Funktionäre vor Gericht und es wurde ein neuer Straftatbestand eingeführt:
Verbrechen gegen die Menschheit. Einige der Nazi-Eliten wurden bestraft, viele blieben ungeschoren.
Aber: Noch während die über mehrere Jahre dauernden Prozesse liefen, begann der Krieg der West-Alliierten, besonders der USA und England, gegen die Linke in Italien, Frankreich, Griechenland und die noch sehr kriegsgeschwächte Sowjetunion. Die US-Regierung und England mischten sich in die dort stattfindenden Wahlen ein und verhinderten einen Sieg der Linken in Italien, Frankreich und Griechenland. Auch in Deutschland waren viele für Verstaatlichung von Schlüsselbetrieben. Das Ahlener Programm der damaligen CDU sah das sogar vor.
In Griechenland fand ein über mehrere Jahre dauernder Bürgerkrieg statt, der viele Opfer auf Seiten der Linken forderte. Mehr als 600.000 von Ihnen mussten das Land verlassen und flohen nach Bulgarien, Rumänien, Polen in die DDR.
Es ist heute nicht mehr im Gedächtnis, dass es direkt nach dem Kriegsende des Zweiten Weltkriegs mit einem heißen Krieg der USA in Korea 1950-1953 weiterging. Ziel: Korea durfte nicht ins Lager des Feindes (Kommunismus=Unfreiheit) fallen. Dieser Krieg wurde unentschieden beendet: Korea wurde geteilt, nachdem rund 950.000 Soldaten und über 3.000.000 Zivilisten das Leben verloren hatten.
Überhaupt: Asien wurde das Hauptbetätigungsfeld der USA. Die u.a. durch die von McCarthy betriebene Kommunistenjagd infizierte US-Regierung sah sich umzingelt vom „Weltkommunismus“. Deshalb war das nächste Ziel die drittstärkste sozialistische Partei der Welt (nach Sowjetunion und China) in Indonesien.
1965 zogen die USA die Fäden bei der Vernichtung der indonesischen Kommunisten mit einem beispiellosen Blutbad mit ungezählten Opfern. Die Schätzungen schwanken zwischen 600.000 und drei Millionen.
Spätfolgen dieser Massenmorde wurden 2022 bei der documenta sichtbar: Ein Wandbild, das eine indonesische Künstlergruppe vor mehr als 20 Jahren zu diesen Verbrechen angefertigt hatten, musste auf Betreiben US- und Israel-freundlicher Akteure entfernt werden. Freilich, ohne auf die Hintergründe überhaupt einzugehen oder zur Diskussion zu stellen, da auch die BRD-Regierung mit dem Suharto-Regime kollaboriert hatte. Ein vermeintlicher Antisemitismus reichte als Vorwand.
Wie es in Ostasien weiterging, ist noch besser in Erinnerung: Vietnam, Kambodscha, Laos.
Um all diese Verbrechen unsichtbar zu machen, und den Kampf für „Freiheit und Demokratie“ zu propagieren, sind heute mehr als 30.000 Propagandisten allein im Pentagon tätig, sozusagen eine Medienarmee.

Wir wollen die vielen bekannten und unbekannten Kriege, Regierungsumstürze, Erpressungen oder Sanktionen dieses imperialen Molochs aus dem Dunkel des Vergessens und Verschleierns ans Licht bringen (alles zu dokumentieren ist noch niemandem gelungen, zumal die Vielzahl der CIA-Intrigen nur sporadisch das Licht der Öffentlichkeit erreichen).

Vincent Brevis – Die Jakarta-Methode
Wie ein mörderisches Programm Washingtons unsere Welt bis heute prägt
Papyrossa, Januar 2023

Vincent Bevins, *1984 in Kalifornien/USA. Berichtete 2017/18 für die Washington Post über Südostasien. Zuvor war er Brasilien-Korrespondent für die Los ­Angeles Times und schrieb für die Financial Times in London. Publizierte zudem u.a. für: New York Times, The Atlantic, The Economist, The Guardian, Foreign Policy, Folha de S. Paulo, The New Republic, New York Magazine.

Gustave Le Bon: Psychologie der Massen

Buchvorstellung und Diskussion
Dienstag, 29.August 2023 um 19.30 Uhr
Mieterpavillon, Friedrich-Naumann-Str.7

Nie haben die Massen nach Wahrheit gedürstet. Von den Tatsachen, die ihnen missfallen, wenden sie sich ab und ziehen es vor, den Irrtum zu vergöttern, wenn er sie zu verführen vermag. Wer sie zu täuschen versteht, wird leicht ihr Herr, wer sie aufzuklären sucht, stets ihr Opfer.

Gustave Le Bon, Zitat aus „Psychologie der Massen“

Gustave Le Bon stellt in seinem 1895 erschienenen Werk „Psychologie der Massen“ die Verhaltensweisen von Menschen in Menschenansammlungen dar und gilt als einer der Begründer der Massenpsychologie.

Nach einer Klassifizierung der Massen beschreibt Le Bon das Wesen und die Funktion und Bewertung der Masse, analysiert die Beeinflussbarkeit und Leichtgläubigkeit sowie die Urteile, Handlungen und Überzeugungen der Masse, bevor er die Funktion und den Charakter von Führungsfiguren in Massen darstellt.

Abschließend wollen wir uns in einer Diskussion der Frage nähern, wie man sich als Individuum wie auch in einer demokratischen Gesellschaft vor diesen Mechanismen schützen kann.


Henrik Ibsen: Ein Volksfeind

Szenische Lesung
Freitag, 25.August 2023 um 20 Uhr
Kulturverein Alles Wird Schön, Friedrich-Naumann-Str.27

Welche Rolle spielt die Wahrheit bei der öffentlichen Meinung? Wie wird jemand vom Volksfreund zum Volksfeind? Wie verhalten sich die Menschen in Anbetracht von gesellschaftlichen Konflikten und mangelnder Unterstützung?
Ibsens Drama aus dem Jahr 1882 stellt den Konflikt eines Badearztes und den Bürgern in einem norwegischen Kurort dar. Der Badearzt hatte eklatant mangelnde Wasserqualität festgestellt und möchte dies nun in einem Gutachten veröffentlichen, um die Menschen im Badeort zu schützen. Die Bürger allerdings sehen die wirtschaftlich stark vom Kurbad abhängige Stadt in Gefahr und beginnen, den Badearzt als Volksfeind zu diffamieren.
Ibsen zeigt in seinem Drama die psychologischen Verhaltensweisen der Massen sowie den Kampf eines Einzelnen für das Richtige im Namen der Wahrheit. Die Grenzen zwischen Gut und Böse sowie Wahrheit und Lüge verschwimmen dabei.

Wir lesen zusammen und mit verteilten Rollen. Wer lieber nur zuhören möchte, hört einfach zu!

(K)leben und (K)leben lassen…??!

Wütende Autoliebhaber gegen die Welt rettende Aktivisten?

Diskussionsveranstaltung
Dienstag, 30.Mai 2023 – 19.30 Uhr
Mieterpavillon – Friedrich-Naumann-Str.7 in Heimfeld

Die Welle von Protestaktionen der „Letzten Generation“ ist in den letzten Wochen abgeebbt. Einerseits soll die öffentliche Stimmung zu Ungunsten die Aktivisten gekippt sein. Andererseits haben sich Vertreter der Gruppe mit Politikern bis hin zum Bundesverkehrsminister getroffen und sehen ihr Ziel erreicht, sich Gehör bei diesen Politikern zu verschaffen. Sie fordern zweierlei: Zum einen das Ziel, dass „Deutschland bis 2030 die Nutzung fossiler Rohstoffe beendet“. Wie das bereits feststehende Ziel erreicht werden kann, soll ein „Gesellschaftsrat“ entscheiden, da die gewählten Politiker dazu nicht in der Lage gewesen seien. Der Gesellschaftsrat soll sich aus per Los gefundenen Menschen „aus allen Bevölkerungsschichten“ zusammensetzen, die „mithilfe von Expert:innen aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft“ Maßnahmen erarbeiten. Schließlich: „Wir fordern, dass die Regierung öffentlich zusagt, nach Verabschiedung der Gesetze diese in einer beispiellosen Geschwindigkeit und Entschlossenheit umzusetzen“ ( https://letztegeneration.de/forderungen/ )

Um diese Ziele durchzusetzen, haben sie eine Strategie gewählt, die auf die Masse der Bevölkerung zielt, statt auf „Entscheidungsträger“ und Verantwortliche. Durch Straßenblockaden wird der im „Autowahn“ gefangene Mitbürger getroffen und durch dessen provozierte Gegenreaktion die Regierung gezwungen, zu handeln. Funktionieren kann diese Strategie nur, wenn das eigene Ziel mit dem der politischen und wirtschaftlichen Eliten übereinstimmt, diese aber durch die Vorbehalte der Bevölkerungsmehrheit gebremst wird. Stellen wir uns zum Vergleich eine Strategie vor, in der das Handeln einer kleinen Gruppe gegen den Willen der Politik und Wirtschaft gerichtet wäre. Wie würde die Regierung wohl reagieren, wenn eine Gruppe den Zugang zu Gesundheitseinrichtungen blockieren würde, um die die Regierung zu zwingen, die Privatisierungen im Gesundheitswesen zurückzunehmen?

Die „Letzten Generation“ verfolgt also ein technisches Ziel (Ersetzung der fossilen Energieträger durch xy) und ein strategisches (Ersetzung einer repräsentativen Demokratie durch ein technokratisches Regime).

(Zur Diskussion um „Gesellschaftsräte“ etc. ein polemischer Beitrag von Dagmar Henn: „„Bürgerrat“: Ein Moralgremium zur Kochtopfkontrolle“. RTDE, 13.05.2023
https://meinungsfreiheit.rtde.life/meinung/169944-bundestag-moralrat-zur-kochtopfkontrolle/ )

Wir wollen mal versuchen, uns nicht über die Sinnhaftigkeit der Angst vor dem Klimawandel zu streiten; im Alltag müssen wir nicht einen Klimawandel bemühen, um festzustellen, dass auch der Autoverkehr immer unerträglicher wird. Mit Beton und Asphalt zugegossene Landschaften, vollgestellte Lebensräume in der Stadt, Lärm, (giftiger) Gestank u.v.m. reichen schon, um etwas Anderes anzustreben.

Aber ist es so, dass daran vor allem ein allgemeiner Autowahn schuld ist? Ist das Auto heute noch das Symbol für individuelle Freiheit, wie es das es in den 60er und 70er Jahren war?

Vieles spricht dafür, dass es das heute nicht mehr ist. Aber warum hat die Autoflut dann derart zugenommen? Welche Rolle spielen Arbeitsverhältnisse, die Zentralisierung der Öffentlichen und privaten Dienstleistungen? Zentralisierung von Einzelhandel, Handwerk, Post, Krankenversorgung, Bildungseinrichtungen usw.?

Was würde sich durch die angestrebte Elektifizierung und Digitalisierung des Verkehrs ändern? Wir wollen mit Hilfe eines Rollenspieles in eine offene Diskussion eintreten. Die zum Spiel angebotenen Rollen sind beispielhaft für die Lebenssituationen, in denen wir gefangen sind. Das Ziel soll sein, Gedanken zu entwickeln, was sich alles ändern müsste, wenn wir es ernst meinten mit dem „Wandel“!

Biedermann und die Brandstifter

Szenische Lesung
Freitag, 05.Mai 2023, 20.00 Uhr
Kulturverein „Alles Wird Schön“, Friedrich-Naumann-Str. 27

Biedermann – Plakat des Theaters der Jugend Schauburg

Was tun, wenn die Brandstifter an der eigenen Wohnungstür klingeln?

Herr Biedermann ist knallharter Geschäftsmann, Skrupel sind ihm fremd, wenn es um das »Business« geht. Am Feierabend jedoch will auch er Bürger, Mensch sein.

Die Zeitungen berichten über eine Brandserie, ausgelöst von einer Bande, die sich als Hausierer bei den Bürgern einnisten und dann die Häuser in Brand stecken. Herr Biedermann findet das schlimm, am liebsten würde er diese Bande aufhängen (lassen), teilt er seiner Gasthausrunde mit. Dann klingelt es bei ihm an der Tür und Herr Schmitz, ein ehemaliger Ringer und Hausierer fragt um eine Kleinigkeit zu essen und ein kurzfristiges Dach über dem Kopf – kurz, er weiß, was für einen großherzigen Menschen er in Herr Biedermann vor sich hat. Dieser weiß eigentlich, wen er vor sich hat, aber… Feigheit? Schlechtes Gewissen ob seiner Kaltherzigkeit als Geschäftsmann?

Allen Warnungen zum Trotz nimmt die Katastrophe ihren Lauf.

Das Nachspiel spielt in der Hölle. Der Himmel habe, sagt der Teufel, eine Amnestie für alle hochgestellten Persönlichkeiten ausgesprochen. Wer eine Uniform beim Töten trage, sei gerettet. In die Hölle werden nur die Biedermänner und Intellektuellen, die Kleinkriminellen und Kriegsdienstverweigerer geschickt. Daraufhin tritt die Hölle in den Streik und schickt ihr Personal auf die Erde zurück. Biedermann und seine Frau Babette klammern sich an ihren Glauben und erwarten ihre Rettung.

Biedermann- Plakat der Falken Erfurt, 2020

Das Theaterstück von Max Frisch aus dem Jahre 1958 ist zeitlos – wie wir aktuell sehen.

Wir lesen gemeinsam mit verteilten Rollen.

Wer nur zuhören möchte, hört zu.

Was hat Fjodor Andrejewitsch Sergejew „Artjom“ mit Annalena Baerbock zu tun?

Diskussionsveranstaltung
Dienstag, 25.April 2023, 19.30 Uhr
Mieterpavillon, Friedrich-Naumann-Straße 7

George Grosz: Die Stützen der Gesellschaft, 1926

Zu Zeiten Kaiser Wilhelms war der typische deutsche Militarist ein schneidiger Offizier, trug eine Pickelhaube und hatte seinen Schnurrbart akkurat aufgezwirbelt. Heute hat der der typische deutsche Militarist den Wehrdienst verweigert, trägt lange Haare oder einen Irokesenschnitt. Der eine ließ ins „Feld der Ehre“ ziehen, während der andere für „Werte“ sterben lässt.

Sascha Lobo, Spiegel-Kolumnist, Hasser von „Lumpenpazifisten“

Man kann sich über einzelne Figuren aufregen, aber die entscheidende Frage reicht weiter: Warum hat der heutige olivgrüne Militarist den Rückhalt der staatstragenden Mittelschicht? Warum reicht diese Unterstützung bis weit ins linke Lager? Eine Antwort liegt u.E. nach darin, dass diese Mittelschicht an eine sog. Zivilgesellschaft glaubt, die der OlivGrüne gegen ruchlose staatsgläubige Diktatoren zu verteidigen behauptet.

Anton Hofreiter testet vegetarische Verpflegung für deutsche Panzerfahrer

Aber was bedeutet der Begriff „Zivilgesellschaft“ eigentlich? Wo kommt er her? Was bedeutet er in Zeiten des Finanzkapitalismus, wie hängt er damit zusammen? Ist es ein Zufall, dass der Begriff im Deutschen zusammen mit der Debatte um den Abbau des Sozialstaates populär wurde? Welche Rolle kommt den privaten Wohltätigkeitsstiftungen zu, die die zivilgesellschaftlichen Initiativen fördern?

Diese Fragen wollen wir in unserer Diskussionsveranstaltung erörtern.

Anetta Kahane, bis 2022 Vorsitzende der Amadeu-Antonio- Stiftung, findet, dass die Parole „Nie wieder Krieg“ purer Luxus und Ausdruck von Menschenfeindlichkeit sei

Dies ist die dritte Veranstaltung, in der wir uns mit den gesellschaftlichen Auswirkungen der staatlichen Politik angesichts der seit drei Jahren offen virulenten Krise beschäftigen. Wir knüpfen an verschiedene Veranstaltungen an, die wir vor längerer Zeit gemacht haben, so im Mai 2022: „Der Krieg ist die Fortsetzung der Zivilgesellschaft mit anderen Mitteln“…: Das Dilemma des „Community- Kapitalismus“

Damals haben wir das Buch »Community- Kapitalismus« vorgestellt. In dem beschreiben zwei (links) Soziologinnen die zunehmende Bedeutung der identitären Community innerhalb der sozialen und pflegerischen Arbeit. Der Staat zieht sich aus vielen Bereichen seiner Verantwortung zurück und fördert als Ersatz Ehrenamt und identitätsgetriebenes Engagement – schlecht bis gar nicht bezahlt und mit all den Widersprüchen beladen, die eine ungleiche Gesellschaft so mit sich bringt. Von der beschworenen Community haben wir den Bogen zur aktuellen Welle der Kriegsbegeisterung dieser bürgerlicher Schichten gezogen. Diesen Bogen behalten wir jetzt bei, setzen den Schwerpunkt aber mehr auf die Rolle der Stiftungen und ihren immer breiteren politischen Einfluss.

Im April 2018 haben wir das Buch „Ethnizität ohne Gruppen“ von R.Brubaker diskutiert – dieses knüpft an die Identitätsfalle an, in der sich die Linke in den letzten Jahren verfangen hat. Er fragte sich anhand bspw. des Konfliktes im damaligen Jugoslawien, wie (zerstörerische) gesellschaftliche Prozesse in Gang gesetzt werden, in denen sich identitäre „Gruppen“ um individuelle Merkmale herum bilden.

Solche Prozesse sind auch in der Ukraine seit Jahren im Gang; wir verweisen in diesem Zusammenhang auf den Beitrag der ukrainischen Medienwissenschaftlerin Olga Baysha, die in einem Interview feststellte, dass die Eskalation des Konfliktes in dem Moment anfing, als die sozialen Konflikte dort 2013 / 14 nicht als solche artikuliert, sondern von den liberalen Mittelschichten als kulturelle gedeutet wurden. Eine realistische Einschätzung der sozialen Verfassung der Europäischen Union und der Auswirkungen der Integration der Ukraine in die Union gab es nicht, sondern sie wurde als Symbol für „Werte“ überhöht. Opponenten des EU- Beitritts wurden als „Moskowiter“ und kulturell rückständige Barbaren betrachtet. Daraus resultierte die bis heute bestimmende Allianz von liberal- westlichen Kräften und militanten Nationalisten.

Der wahre Zelensky: Vom prominenten Populisten zum unbeliebten Neoliberalen im Stile Pinochets

Hier liegt auch die Antwort auf die eingangs gestellte Frage: Die unter den Zaren gegründete und heute erbittert umkämpfte Siedlung Bachmut wurde 1924 nach einem bekannten Revolutionär mit dem Rufnamen „Artjom“ in Artjomowsk umbenannt. Der vermeintlich „ukrainische“ Namen, den Annalena Baerbock als Symbol für soldatischen Heldenmut so gerne im Mund führt, ist der zaristische, während der vermeintlich „russische“ eigentlich der sowjetische ist…Der ukrainisch- sowjetische war Artemiwsk…

Die Ukraine in Flammen

Laien’s Dok- Film- Abend
Freitag, 21. April 2023 – 20 Uhr
Kulturverein „Alles wird schön“
Friedrich-Naumann-Str. 27

„Nicht, wer zuerst zu den Waffen greift, ist der Anstifter des Unheils,
sondern wer dazu nötigt.“ (Niccolo Macciavelli)

In deutschen Kinderzimmern: Deutsche Botschafterin in Kiew…

Die Friedensbewegung ist gespalten: Ein Teil lehnt die deutsche Beteiligung an diesem Krieg ab. Ein anderer Teil meint, dass Russland als unmittelbarer „Aggressor“ zuerst besiegt werden müsse (von wem??). Diese Spaltung der Friedensbewegung konnte gelingen, weil in der westlichen Welt der erste Teil der Geschichte, die zum Krieg in der Ukraine führte, nicht zur Kenntnis genommen oder als irrelevant abgetan wird.

Hinzu kommt, dass die Russen- und Russlandfeindschaft nicht erst seit 2022 fester Bestandteil der „Westlichen Werte“ ist.

Insofern war und ist es einfach, eine einseitige und geschichtsverfälschende Erklärung des – nach den sieben Jahren der Kriege im ehemaligen Jugoslawien – zweiten Krieges in Europa seit 1945 zu verankern.

Um Russland die alleinige Verantwortung zuzuschieben, wird das Völkerrecht bemüht. Zu diesem Völkerrecht gehört aber auch u.a. ein Idealbild zwischenstaatlicher Beziehungen mit einem Mindestmaß an Vertrauen und Bereitschaft zur zivilen Konfliktlösung. Auf die Bedrohung Russlands durch eine über dreißig Jahre expandierende NATO und eine militärisch ausgerichtete EU haben russische Regierungen immer wieder hingewiesen.
Der platte Spruch: „Zu einem Streit gehören immer zwei!“, trifft also auch hier zu.

In dem Film, den wir zeigen wollen, wird diese jahrzehntelange Vorgeschichte anschaulich und ausführlich dargestellt.
Die im Film gezeigten Abläufe der Einmischung durch Geheimdienste, Diplomaten und auch faschistische Killerkommandos, die hier weitgehend unbekannt sind, beweisen die umfangreiche und auch blutige amerikanische Subversion in der Ukraine seit Ende der Sowjetunion.
Die von dem international bekannten Regisseur geführten Interviews belegen, wie der Regimewechsel in Kiew 2014 geplant und durchgeführt wurde.

Howard Zinn: „You Can’t Be Neutral On A Moving Train“

…in der Reihe: Laien’s Dok Film-Abend

Freitag, 17.März 2023
20.00 Uhr
Kulturverein „Alles Wird Schön“
Friedrich- Naumann- Straße 27

Howard Zinn: Beispiel für ein anderes Bild über die USA. Eine amerikanische Lebensgeschichte.

Martin Luther King, Angela Davis, Malcolm X, Woodie Guthrie, Sacco und Vanzetti… das sind einige der bei uns bekannten US-amerikanischen Bürgerrechts- Gewerkschafts- oder Friedenskämpfer in den USA. In der Regel erschöpft sich damit das Wissen über die US-amerikanische Linke. Vermutlich ist Howard Zinn den meisten Friedens- oder Gewerkschaftslinken hier nicht bekannt, obwohl er, 1922 geboren und 2010 gestorben, in den USA ein sehr prominenter Historiker, Polit-Aktivist und Hochschullehrer war. Seine „Geschichte eines amerikanischen Volkes“, das eine Millionenauflage erreichte, hat Generationen von Schülern und Studenten beeinflusst und das bis heute aktive „Zinn-Projekt“ begeistert noch immer tausende Studenten und Schüler.
Seine Vorlesung zum Zivilen Ungehorsam wurde auf großen Bühnen in den USA vorgetragen: Hier mit Matt Damon als Vortragenden und langjährigen Freund von Zinn. https://www.youtube.com/watch?v=gMScAZPDAxE


Zinns Aufforderung zu zivilem Ungehorsam ist aktueller den je und gilt weltweit.

Seine Filmbiographie „You Can’t Be Neutral On A Moving Train“ zeigt eine packende Lebensgeschicht, die eine andere Sicht auf die USA vermittelt.
Dauer: 78 Minuten
Sprache: Englisch, Untertitel: deutsch

Häuptling Abendwind, oder: Das gräuliche Festmahl

Eine Szenische Lesung
Freitag, 24.Februar 2023, 19.30 Uhr
Kulturverein „Alles Wird Schön“, Friedrich-Naumann-Str.27

Auf einer der fernsten Inseln in Australien residiert Häuptling Abendwind und erwartet den Besuch seines Gegenübers Biberhahn. Dafür soll ein Festmahl angerichtet werden. Allerdings hat den Stamm der Groß-Luluerer in der letzten Zeit das Jagdglück verlassen: Es gibt just keine Gefangenen, die man anbieten könnte. Da trifft es sich gut, dass der Schiffbrüchige Friseur Arthur an das Ufer gespült wird. Er trifft auf die Häuptlingstochter Atala, die beiden verlieben sich ineinander. Sie warnt ihn eindringlich, er möge sich verstecken – allerdings ohne die Ernährungssitten ihres Stammes explizit zu nennen. Doch Arthur vertraut dem freundlich auftretenden Abendwind und verschwindet mit dem Koch Ho-Gu zur Zubereitung eines leckeren Mahles.
Als Biberhahn ankommt, begegnen er und Abendwind sich mit freundlichen Worten. Erst im Laufe des Gespräches wird das Misstrauen der beiden deutlich: Es stellt sich raus, dass die beiden sich gegenseitig die Frauen geraubt und verspeist haben. Ihr gemeinsamer Feind ist jedoch die näherrückende westliche Zivilisation. Gegen die wollen sie ihr zukünftiges Bündnis durch die Heirat ihrer beiden Kinder besiegeln – Biberhahn wartet dringend auf die Ankunft seines Sohnes.
Das Mahl wird gereicht. Auf einmal erklingt aus dem Inneren des Bratens eine Spieluhr…

Die Werke des Johann Nestroy (1801 – 1862) gelten als Höhepunkt des Alt-Wiener Volkstheaters. Dieses wurde seit Beginn des 18.Jahrhunderts auf primitiven Bühnen, den sogenannten „Pawlatschen“ gespielt. Zunächst lebte es von englischen Komödianten, die Stücke Shakespeares und anderer englischer Dramatiker spielten. Neben den englischen zogen auch italienische Wandertheater durch‘s Land und spielten die Stücke der Commedia dell’arte, in denen der Dialog innerhalb einer feststehenden Szenenfolge als Stegreiftheater improvisiert wurde. Die Aufführungen waren oft mit einer „komischen Figur“ verbunden, die als Dreh- und Identifikationsfigur das Einverständnis zwischen Bühne und Publikum herstellte – der Hanswurst und der Kasperle hatten hier ihre Wurzeln. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurden Hanswurst und Kasper gemäßigter und sie hörten auf, Zoten und fäkalische Witze von sich zu geben.
Die aufklärerische Politik erlegte ihm Mäßigung auf. Im norddeutsch-protestantischen Raum hatte man zu jener Zeit den Hanswurst schon längst als widernatürliche und unappetitliche Unterhaltungsform abgelegt. Das Beharrungsvermögen des Alt-Wiener Spaßmachers hat mit seinen multikulturellen Bindungen, der Spezifik des Publikums sowie seiner Beliebtheit selbst in den politischen Eliten zu tun. So tölpelhaft der Hanswurst auch war, das Publikum identifizierte sich mit ihm und grölte vor Vergnügen, wenn er auf der Bühne sogar die Polizei verhöhnte.
https://de.wikipedia.org/wiki/Alt-Wiener_Volkstheater

Das „Gräuliche Festmahl“ war Nestroys letztes Werk. Dass sein Stück eine Satire auf die Diplomatenwelt und die Machtpolitik der europäischen Mächte darstellte, wurde oft nicht verstanden und das Stück versank in der Vergessenheit.
Wer mag, kann sich das Stück schonmal anschauen:
https://www.nestroy.at/neu/wp-content/uploads/2019/06/abendwind-sw.pdf

Smart City oder sozialistische Stadt? Visionen der Stadtentwicklung

Diskussionsveranstaltung
Dienstag, 31.Januar 2023, 19.30 Uhr
Mieterpavillon, Friedrich-Naumann-Str.7

Hamburg hat mehr Brücken als Amsterdam und Venedig zusammen (allerdings überwiegend Autobahnschilderbrücken…); im Harburger Helmsmuseum erfährt man, dass vermutlich in Hamburg das Rad erfunden worden sei; Hamburg sei die „Welthauptstadt des intelligenten Verkehrs“; in keiner deutschen Stadt leben so viele Milliardäre wie in Hamburg – kurz und gut: Hamburg ist die schönste Stadt der Welt, ist die schönste Stadt der Welt…

Da passt es, dass Hamburg auch eines von drei europäischen „Leuchttürmen“ ist, die den Geist der „Smart City“ in das alte Europa ausstrahlen sollen: „mySmartLife“ wurde das hiesige Konzept getauft.

Was verbirgt sich hinter dem modischen Schlagwort der „Smart City“? Smart bedeutet „intelligent“, d.h. darunter wird alles gepackt, was mit Digitalisierung und weiter alles, was mit sog. „Künstlicher Intelligenz“ zu tun hat. Der öffentliche Raum wird mit Sensoren (z.B. in den Straßen) ausgestattet. Diese Daten sollen mit immer weiteren Datenbeständen zusammengeführt werden, um… „eine ‚intelligente und effiziente Verwaltung der wachsenden Städte‘ [aufzubauen], die dabei helfen kann, Probleme wie ‚verstärktes Verkehrsaufkommen, Parkplatzmangel, Umweltverschmutzung, wachsenden Energieverbrauch und Kriminalität‘ in den Griff zu bekommen“, so die Propagandisten.

Was bedeutet diese frohgemute Utopie für uns als Lohnabhängige und von oben zu verwaltetende Objekte? Die Zugangsbeschränkungen, Ein- und Ausschlüsse der Corona- Zeit hat uns ja schon einen Vorgeschmack geliefert …

Anhand des Beitrages „Smart City. Überwachung und Kontrolle in der ‚intelligenten Stadt‘ “ (bei der Rosa Luxemburg Stiftung erschienen) wollen wir diese Frage verfolgen, um am Schluss einen Vergleich mit einem historischen Konzept einer sozialistischen Stadt ziehen zu können und die in diesen Ansätzen deutlich werdenden Konzepte von Gesellschaft zu erkennen.

In diesem zweiten Teil wollen wir der kapitalistischen Vision einer städtischen Gesellschaft eine sozialistische entgegenstellen*. Die Vorstellungen des sowjetischen Architekten Miljutin* unterscheiden sich nicht nur aufgrund eines anderen Standes der Technik in den 1920er Jahren von denen der heutigen Smart-City-„Architekten“: Es wird auch deutlich, dass ihnen völlig andere Annahmen über das Zusammenleben, aber auch über das Ziel städtischer Architektur zugrunde liegen.  


*„Nikolai A. Miljutin: Sozgorod. Probleme des Planens sozialistischer Städte. Grundlegende Prinzipien bei der Planung und beim Bau von Siedlungen in der UdSSR